Hüfthoch standen rund 30 Teilnehmer aus dem Bereich Jagd, Landwirtschaft und Naturschutz im vertrockneten Getreide, dem sogenannten „extensiven Getreideanbau mit Ernteverzicht“ und ließen sich von Landschaftsökologe Hendrik Specht die Vorteile einer solchen Maßnahme für die bedrohten Offenlandarten erklären. Auf Einladung des Hegerings Vreden und der örtlichen Jagdpächter waren die Teilnehmenden an diesem Spätnachmittag zur Feldrundfahrt durchs Revier aufgebrochen. Jennifer Arns von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Borken und Johannes Bayer als Biodiversitätsberater der Landwirtschaftskammer NRW begleiteten die Gruppe.
Über zwei Stunden radelten die Teilnehmer bei dieser Multiplikatorenschulung von einer Naturschutzmaßnahme zur nächsten und ließen sich den Sinn und die ökologische Funktion für die Tierwelt durch den Leiter des LEPUS-Projektes vorstellen. LEPUS steht für „Lebensräume erhalten, planen und schützen“. In diesem Projekt berät die Stiftung Westfälische Kulturlandschaft Landwirte, Jäger und weitere Naturschutzinteressierte zu lebensraumverbessernden Maßnahmen in der Agrarlandschaft. Denn den Offenlandarten steht das Wasser bis zum Hals. Die Bestände des Rebhuhns sind seit der Jahrtausendwende sogar um 90 Prozent eingebrochen. Wenn jetzt nichts passiert, war es das mit dieser Offenlandart. Aber zum Glück passiert etwas, wie in diesem Revier, in dem Landwirte und Revierpächter gemeinsam mit der Stiftung und dem Kreis Borken Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes umgesetzt haben, die dazu beitragen, die Lebensbedingungen heimischer Tierarten zu verbessern.
„Die ersten 21 Tage sind besonders kritisch. Die müssen wir schaffen“, erklärte Hendrik Specht und meint die Rebhuhnküken: Deren Sterblichkeit ist nach dem Schlupf im Juni besonders hoch. „Wenn man eine Brache oder Blühstreifen im offenen Feld anlegt und dazu die Hecken im Umfeld abschnittweise auf den Stock setzt und das Totholz locker-fluffig aufschichtet – dann hat man eine tolle Struktur, in der das Rebhuhn sowohl brüten kann als auch Schutz und Nahrung für seine Küken findet“.
Für die Jäger unter den Teilnehmenden besonders interessant war das hohe Angebot an Körnern, welches man durch die Vertragsnaturschutzmaßnahmen auf den Äckern behalten kann: Dadurch kann man sowohl Rebhühner und Fasane in die Flächen locken als auch Goldammern und andere Singvögel, die es gerade im Winter schwer haben Futter auf den Feldern zu finden. „Schutz und Nahrung auf einer Fläche, das ist mit Förderangeboten des Kreises möglich!“ so Specht. Da es auch für die Landwirte eine finanzielle Förderung solcher Maßnahmen gibt, kann es eine „Win-Win- Situation” geben, sodass sowohl die Natur als auch der wirtschaftende Landwirt etwas davon haben. Ein Erfolgsmodell, so waren sich alle Beteiligten sicher. Es braucht dazu aber eine gute Beratung, die sowohl von der Stiftung als auch von der Landwirtschaftskammer und dem Kreis Borken angeboten wird.
Mit solchen Tipps konnte der Landschaftsökologe an den unterschiedlichen Stationen anschaulich die Funktion und mögliche Wechselwirkungen erklären zwischen Blühstreifen, die als Rückzugsgebiete dienen und Extensiven Getreideflächen, die als Futterquelle auf Ackerflächen angelegt werden und so vielen Tier- und Insektenarten helfen. Etliche Maßnahmen sind dabei simpel aber hoch effektiv. Wie der Waldrand, durch den man einst hindurchsehen konnte, weil im Schatten der hohen Bäume nichts mehr wuchs. „Hier wurden lediglich einige Weiden auf den Stock gesetzt und der Aufwuchs lückig verteilt“, so Specht. Und schon entstand aus dieser Gehölzpflege und dem angrenzenden Feld mit Ernteverzicht und nahem Blühstreifen ein idealen Brut- und Deckungsraum für Rebhühner, Hasen, Insekten und Vögel.
Im Anschluss begrüßte Antonius Bengfort als Hegeringleiter in Vreden alle Teilnehmer zum Ausklang im Wirtshaus am Gänsemarkt wo Hendrik Specht und Johannes Bayer noch einen theoretischen Überblick über Maßnahmen, ihre Einsatzbereiche und Möglichkeiten zur Umsetzung gaben.